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Salzgitter

Gleichstellungsbeauftragte und Jugendparlament: „Katergeschrei ist kein Kompliment!“

Gleichstellungsbeauftragte Simone Semmler: ",Ey Süße!‘ - oder schlimmere Kommentare müssen sich vielfach besonders junge Frauen und Mädchen, seltener auch Jungen, anhören, wenn sie in der Öffentlichkeit, aber auch in der Schule und anderen mehr oder weniger öffentlichen Orten unterwegs sind“.

Dieser Spruch klinge erstmal harmlos, sei aber häufig unerwünscht. In der Regel komme es zu solchen Ausrufen aus einer Gruppe meist junger Männer heraus. „Dies geschieht gegenüber einer Person“, so Semmler, „die allein oder zumindest deutlich in der Unterzahl unterwegs ist. Es wird durch Rufe, Kussgeräusche, Pfiffe oder teils derbe Kommentare die betroffene Person über das persönliche sexuelle Empfinden des Rufers ,informiert‘ - so etwas nennt sich ,Catcalling‘.“ – Benannt nach dem Paarungs-Geschrei von Katern, nur, dass die betroffene Person in der Regel wenig Interesse an einer näheren Bekanntschaft mit dem zumeist fremden "Catcaller" hätte. 
 
Die Auswirkungen seien besorgniserregend, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte: „Catcalling führt nicht selten dazu, dass junge Frauen und Mädchen sich verunsichert oder geängstigt fühlen, Örtlichkeiten oder ganze Gegenden meiden, sich nicht mehr allein auf den Weg machen. Wenn es am Anfang der Fußgängerzone passiert, kaufen sie woanders ein“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte. „Der Unterschied zwischen Flirten/Komplimenten und Belästigung ist ganz einfach zu erkennen: Komplimente machen beiden beteiligten Freude“. 

"Mädchen und Frauen haben das Recht sich überall in unserer Stadt frei und unbehelligt zu bewegen," betont Erik Maaß vom Jugendparlament Salzgitter (JuPSZ), „und genau deshalb müssen wir etwas unternehmen."
 Dem Jugendparlament sei es ein Anliegen mit der Gleichstellungsbeauftragten das Recht auf diese Freiheit stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein zu bringen.
 Es gehe zuerst einmal darum Aufmerksamkeit für das Thema zu wecken. Mit Großplakaten wollen die Jugendlichen sichtbar machen, was die Mädchen und Frauen auszuhalten haben.
"Wer meint, die Sprüche sind zu derb, um sie auf Plakaten zu lesen: Der lasse auf sich wirken, wie es sich wohl anfühlt, als Mädchen das hinterher gebrüllt zu bekommen. Das ist sicher viel schlimmer, als es unbeteiligt auf einem Plakat zu lesen", meint Lenya-Marie Denecke vom JuPSZ
 
"Wir wollen aber mehr, als nur darüber reden - oder Bürger/innen zu schockieren", so Semmler, „wir wollen, dass sich die Situation für Frauen und Mädchen in dieser Stadt zum Besseren verändert." 
Das Ziel sei so Lara Duwe, Vorsitzende des Jugendparlaments: „Sicherheit schaffen, dass die Stellen bekannt werden, wo so etwas gehäuft vorkommt, damit dort gezielt etwas getan wird. Außerdem sollen die Betroffenen ermutigt werden sich mit dem schlichten Satz zu wehren: ,Kein Kompliment!‘, damit sie nicht mehr sprachlos weglaufen müssen."

"Sensibilität für alle wecken - vielen ist gar nicht bewusst, wie es sich für andere anfühlt auf diese Art bedrängt zu werden", ergänzt Muhammed Dalkiran, ebenfalls Jugendparlamentarier.

Im Idealfall könne „Kein Kompliment“ die Zivilcourage fördern. Auch andere könnten einen „Catcaller“ darauf hinweisen, dass sein Verhalten "Kein Kompliment!" sei. Da genüge dieser eine Satz, da brauche es keine langen Vorträge. „Wenn das gelingen würde, würde sich das Gesicht der Stadt deutlich verändern“, meint die Gleichstellungsbeauftragte. „Gerade für die Lokalisierung von Schwerpunkten müssten wir allerdings wissen, was, wo passiert ist. Wir benötigen also die Meldungen von Vorkommnissen“.

Catcalling melden:

Bei den Meldungen genüge der ungefähre Wortlaut oder die kurze Schilderung von Erlebnissen, die in den vergangenen Monaten passiert sind. „Wir wollen ungefähr den Zeitraum eines Jahres abbilden von Juni 2022 bis Juni 2023. Am 9. Juni werden wir dann die gemeldeten Catcalls - anonymisiert selbstverständlich - an den Stellen in Salzgitter niederschreiben, an denen sie geschehen sind“. Deshalb würden die Meldungen ganz diskret von zwei Kolleginnen der Stadtverwaltung der Stadt Salzgitter bearbeitet und anonymisiert. Meldungen sind möglich über Mail  keinkomplimentstadt.salzgitterde oder unter dem Stichwort „Kein Kompliment“ an die Melde-App der Stadt Salzgitter. Herunterladbar über  Melde-App Stadt Salzgitter – Apps bei Google Play (Öffnet in einem neuen Tab) oder  Melde-App Stadt Salzgitter im App Store (Öffnet in einem neuen Tab) (apple.com) .
 
"Bundesweit brauchen wir natürlich irgendwann in naher Zukunft eine Gesetzesänderung, dass auch berührungslose sexuelle Belästigung strafbar ist", so Semmler, „darum machen wir diese Aktion gemeinsam mit über 50 Kommunen bundesweit.“

Erläuterungen und Hinweise

Bildnachweise

  • Gleichstellungsreferat der Stadt Salzgitter
  • PantherMedia / David Freigner
  • Foto: Stadt Salzgitter